Gemeinsam ist beiden Formaten das Anliegen der Entwicklung im Gruppenkontext. In der praktischen Arbeit bedeutet dies für den Coach eine Kombination aus individualpsychologischen Elementen, denn die persönliche und berufliche Ebene eines Gruppenmitglieds spielt eine Rolle, und gruppendynamischen Aspekten. Dieser gruppendynamische Anteil geht über das Setting des Einzel-Coachings hinaus und macht das Coachen in der Gruppe herausfordernd und bereichernd.
Zudem sind beide Formate in einen organisationalen Kontext eingebettet und müssen vor diesem Hintergrund als Intervention in die jeweilige Organisationskultur, vor allem Führungskultur, verstanden werden. In beiden Formaten wird der Einzelne in, mit und vor der Gruppe gecoacht. Beide stärken eine gemeinsame Identität und sehen die Entwicklung des Einzelnen als Hebel für die Reifung der Gruppe bzw. des Teams und die Lernthemen des Individuums als Plattform für die Reflexion in der Gesamtrunde.
Gruppen-Coaching spricht Führungskräfte und Potenzialträger im Unternehmen an, die nicht in einem konkreten Arbeitszusammenhang zueinander stehen, aber für die die gleichen Entwicklungsthemen wichtig sind. Entsprechend haben die Gruppenmitglieder häufig ein ähnliches Entwicklungsprofil, so dass die als Rahmen definierten Coaching-Themen eine hohe Relevanz für jeden Teilnehmer bieten.
Die Gruppe kommt in der Regel für den Anlassfall des Gruppen-Coachings zum ersten Mal in dieser spezifischen Zusammensetzung zusammen, auch wenn zwischen einzelnen Gruppenmitgliedern bereits mehr oder weniger vertrauensvolle Arbeitsbeziehungen etabliert sein mögen. Dem Gruppenfindungsprozess und Aufbau der Vertrauensbeziehung in der Gruppe kommt daher größeres Gewicht zu als im Team-Coaching. Die individuelle Entwicklung wird weniger stark durch die Gruppe mediiert als im Team-Coaching. Im Gruppen-Coaching geht es vorrangig um die Entwicklung des Einzelnen. Dies hat einerseits einen persönlichen Aspekt im Sinne der Reifung und Selbstbewusstheit und andererseits den Aspekt der Professionalisierung in der Führungsrolle. Es geht sehr klar um persönliche Reflexion und die Konfrontation mit funktionalen und hinderlichen Denk- und Verhaltensmustern.
Die durch den Einsatz von Coaching-Methoden und durch intensive Auseinandersetzung eines jeden Teilnehmers mit seinen Entwicklungsthemen entstehende Gruppen-Kohäsion und die starke Vernetzung der Teilnehmer untereinander sind beabsichtigte Nebeneffekte. So ist gerade der Vernetzungsaspekt für viele Unternehmen von besonderer Bedeutung bei der Entscheidung für dieses Coaching-Format. Oft kann beobachtet werden, dass sich ein Gruppen-Coaching-Format über 10–15 Jahre in einem Unternehmen bewährt und zu einer insgesamt großen Gruppe von Führungskräften führt, die sich dadurch leicht und schnell untereinander versteht.
Häufig geht dem Gruppen-Coaching eine Standortbestimmung des Einzelnen als Bedarfsanalyse voraus, um Lern- und Entwicklungsthemen zu identifizieren und bewusst zu machen. State of the art sind hier interne Development Center oder 360-Grad-Feedback-Prozesse, die zu konkreten Entwicklungsempfehlungen für jeden Teilnehmer führen. Je nach Herangehensweise wird diese Standortbestimmung auf Gruppenniveau zu einer Gesamtbetrachtung zusammengeführt. Das Profil der Gesamtgruppe wird in der Bestimmung des Lernkontextes aufgegriffen und steuert die thematischen Inhalte der Einzelmodule des Coaching.
Dieses Beispiel behandelt ein Projekt für einen deutschsprachigen Industriebetrieb mit rund 7.000 Mitarbeitern an weltweiten Produktionsstandorten. Der Kunde will die Führungskräfteentwicklung im Unternehmen klarer fassen und Talente und junge Führungskräfte entwickeln. Vorrangig geht es dabei um die Unterstützung der Teilnehmer aus methodischer Sicht („Rüstzeug für die Führung“), aber auch um ihre persönliche Weiterentwicklung und Reifung.
Die Etablierung einer gemeinsamen Sprachlichkeit in Bezug auf Führung und die Erweiterung der Führungskompetenzen im interkulturellen Umfeld sind weitere beabsichtigte Ergebnisse. Insgesamt soll die Führungskultur im Unternehmen vor dem Hintergrund der unternehmensinternen Führungskriterien gestärkt werden.
Als Einstieg in das Gruppen-Coaching werden für die Führungskräfte und Nachwuchsführungskräfte interne Development Center durchgeführt. Diese erheben für die einzelnen Teilnehmer individuelle Entwicklungsfelder, die als roter Faden für die persönliche Entwicklung im Coaching dienen und auch im Hinblick auf die Zusammensetzung der Coaching-Gruppen berücksichtigt werden.
Die Nominierung erfolgt durch die Vorgesetzten und Bereichsleiter. Die Bereichsleiter und das HR Management definieren vor Beginn die zu erwartenden zukünftigen Marktherausforderungen für Führungskräfte und Nachwuchsführungskräfte und damit das Soll-Profil der Zielgruppen.
Das Gruppen-Coaching startet mit einem Kick-Off, umfasst dann fünf Module mit je zweieinhalb bis drei Tagen Dauer (Selbstführung, Intercultural Management, Führen von Teams, Strategisches Management und Konfliktmanagement sind die Themen). Es endet mit einem Final Event, bei dem die Teilnehmer ihre Entwicklung im Laufe des Programms vor Vertretern des Unternehmensmanagements nachzeichnen.
Zielsetzungen im Gruppen-Coaching
Erfolgsfaktoren des Gruppen-Coachings
Erweiterte Erfolgsfaktoren für erhöhte Nachhaltigkeit
Das Team hat im Gegensatz zur Verfolgung strategischer Personalentwicklung eine inhaltliche Widmung. Es hat eine Mission und einen konkreten Unternehmenszweck zu erfüllen: Die Teammitglieder gehören zusammen, sie sind im Arbeitsalltag im Ergebnis und im Erfolg aufeinander bezogen, d.h., das Team verfolgt ein gemeinsames Ziel und davon unabhängige Unterziele. Innerhalb eines Teams gibt es im Gegensatz zu einem Gruppen-Coaching bis zu drei hierarchische Ebenen gleichzeitig.
Die Arbeitsthemen im Team-Coaching behandeln relevante Herausforderungen des Teams vor dem Hintergrund der Entwicklung eines jeden Teammitglieds. Die Bedarfserhebung geschieht meist in Zusammenarbeit mit dem Team und der Führungskraft. Ein Team-Coaching dauert in der Regel sechs bis zwölf Monate.
Im Fall eines Team-Coachings geht es um ein spezifisches Führungs- oder Managementteam, sehr oft um das Top-Managementteam eines Unternehmens. Dieses Team steht in aller Regel in einem konkreten Arbeitszusammenhang und bringt daher eine gelebte Teamkultur mit funktionalen und dysfunktionalen Aspekten des gemeinsamen Arbeitens mit. Startpunkt für das Team-Coaching kann ein gegebenes, wenn auch manchmal als sehr differenziert erlebtes Vertrauensverhältnis sein.
In der gemeinsamen Arbeit im Team-Coaching wird dieses Vertrauensverhältnis reflektiert sowie qualitativ gestärkt und vertieft. Die Entwicklung des Teams in seiner Gesamtwirksamkeit steht im Zentrum. Dabei wird weniger der Teambuildingeffekt als vielmehr das Kompetenzwachstum des Teams als Einheit adressiert. Offensichtliche Lernfelder des Teams und mehr oder weniger offen artikulierte Teamkonflikte stehen deshalb im Fokus zusammen mit dem Ziel, die Vertrauensbasis im Team zu stärken Leistungs- und Zielerreichungsblockaden im Führungsteam werden konkret fokussiert und reflektiert. Team-Coaching spricht die Teammission an, so dass sich jeder Einzelne auf diese beziehen kann. Ebenso verortet sich das Team in der strategischen Ausrichtung und Vision des Unternehmens. Daraus leitet es seine Identität und Wirksamkeit logisch ab, weshalb Projekthintergründe und inhaltliche Zugehörigkeit nehmen beim Team-Coaching einen hohen Stellenwert einnehmen.
Die individuelle Entwicklung der Teilnehmer wird durch die Teamentwicklung gefördert. Die Einzelperson steht als Teammitglied mit ihren Potenzialen und Lernfeldern als gelebtes Beispiel und als Referenz im Zentrum. Die Teamkohäsion bzw. der zwischenmenschliche Umgang miteinander im Team ist ein weiterer Bezugspunkt der Coaching-Arbeit. Immer wieder wird der gemeinsame Prozess hinterfragt, reflektiert und auf Kontaktbarrieren oder Vermeidungshaltungen hin untersucht. Ziel ist die Reflexion individueller Verhaltensmuster im Team und der Aufbau neuer effizienter Muster.
„Asia Pacific JV“ findet vor dem Hintergrund eines internationalen Joint Venture zwischen einem deutschsprachigen Mittelständler und einem südostasiatischen Konzern zum Zweck der Markt- und Kompetenzerweiterung beider Unternehmen statt. Was nach langer Verhandlung auf Board- und Investorenebene schließlich zu einem Zusammenschluss zweier Unternehmen und zur Zusammenstellung eines Projekt- oder Joint-Venture-Teams führt, wird nicht zwangsläufig durch erfolgreiche Zusammenarbeit auf Personen- und Organisationsebene gekrönt. Kulturelle Unterschiede zwischen den Kontinenten, das Machtgefälle zwischen den Joint-Venture-Gesellschaften, die Kompetenz- und Entwicklungsunterschiede der handelnden Personen erschweren den Start erheblich.
Dieses Team-Coaching zielt darauf ab, das Joint Venture zum Erfolg zu bringen, indem die Vertreter der beiden Muttergesellschaften zu einem gemeinsamen Teamverständnis, zur Definition eines gemeinsamen Leitbildes, ei ner Vision und einer Mission geführt werden. Die Schaffung einer gemeinsamen Teamidentität ist der erste Schritt in die Arbeitsfähigkeit. Die Joint Venture Projektteammitglieder sind temporär in das Team entsandt. Sobald der Go-Life-Termin erfolgreich bewältigt ist, kehren die Gründungsmitglieder in ihre Muttergesellschaft zurück. Der laufende Betrieb wird an eine Produktionsorganisation übergeben, die aus bestehenden Experten seitens der Muttergesellschaften und aus neu zu rekrutierenden Managern zusammengesetzt ist.
Die Herausforderung in einem Team-Coaching dieser Art mit doppelten Auftraggebern ist das gemeinsame Commitment der Entscheider. Die Auftragsvergabe setzt Vertrauen und gezielte Vertrauensarbeit voraus. Da in Joint Ventures Machtverteilung und Anteilsverteilung maßgebliche Rollen spielen, ist besonders das gemeinsame Ziel von elementarer Bedeutung. Ist das Team-Coaching erfolgreich, lösen sich die Teilnehmer am Team-Coaching emotional von ihrem Mutterkonzern und gehen neue tragfähige Verbindungen ein. Dieser Ablösungs- und Identitätsfindungsprozess wird vom jeweiligen Entsendungsunternehmen mitunter beargwöhnt. Stattdessen sind jedoch Akzeptanz und Förderung wirkungsvolle Haltungen.
Zielsetzung im Team-Coaching
Erfolgsfaktoren des Team-Coachings
Erweiterte Erfolgsfaktoren für erhöhte Nachhaltigkeit
Beide Coaching-Formate können gut mit Standortbestimmungen und Bedarfserhebungen unterstützt werden. Wie beschrieben, eignet sich beim Gruppen-Coaching die Durchführung von Development Centern und Management Appraisals sehr gut, um den Teilnehmern und auch den Entsendern die Entwicklungsfelder und Kernthemen aufzuzeigen und diese dann zielgerichtet in das Programm einfließen zu lassen.
Im Team-Coaching kann das 360-Grad-Feedback für die Teilnehmer verdichtet und anonymisiert auf Gruppenniveau (Group Report) die Auseinandersetzung und den Startpunkt sehr unterstützen. Ebenso eignen sich Mitarbeiterbefragungen oder Team-Radar-Befragungen. Die Wahl des Mittels sollte dem Anlassfall entsprechen.
Steht ein definiertes Team vor konkreten Schwierigkeiten, ist ein Team-Radar schnell und leicht durchgeführt, zeigt Engpässe und Schwachstellen und vor allem Selbst- und Fremdbild der Gruppe anonymisiert im Vergleich zueinander auf. Das 360-Grad-Feedback eignet sich gut, wenn das Team vor Lern- und Erfolgsblockaden steht und nicht erkennbar ist, ob organisationale oder eher personale Engpässe den größeren Einfluss haben. In beiden Fällen führt die Gruppenauswertung des 360-Grad-Feedback zur Versprachlichung und Bearbeitbarkeit der Teamschwierigkeiten. Gleichzeitig hat jedes einzelne Teammitglied sein Einzelergebnis und kann an seinen Themen weiterarbeiten und diese im Team als Referenz nutzen.
Grundsätzlich lässt sich sagen: Geht es eher um die Entwicklung der Führungskultur in der Organisation und die Kompetenz des Individuums, wird Gruppen-Coaching das Mittel der Wahl sein. Team-Coaching wird vor allem zu einem konkreten Anlassfall in Anspruch genommen. Ob nun ein bestehendes oder zu generierendes Team vor herausragenden Herausforderungen und Schwierigkeitsgraden steht oder ob ein Managementteam sich aktiver in Richtung High-Performance-Team bewegen möchte: Beim Team-Coaching geht es um die erfolgreiche gemeinsame Bewältigung von komplexen Ausnahmezielsetzungen.