Die meisten Menschen purzeln eher ins Berufsleben, als dass sie sich gewissenhaft darauf vorbereiten. Doch eines schönen Tages fragt sich die eine oder der andere: Wie bin ich eigentlich hier hingekommen? Fühle ich mich da wohl? Hätte ich nicht auch woanders landen können? Und wo sollte es denn in Zukunft hingehen?
Genau hier knüpft das Buch von Claas Triebel an, einem Autor, der bekennt: „Ich selbst wollte niemals einen Beruf haben. Das ist mir auch geglückt.“ Er ist Musiker, Autor, Coach, Wissenschaftler und war etliche Jahre Professor für Wirtschaftspsychologie.
Er hat ein Coaching-Konzept, die Kompetenzenbilanz, entwickelt und über 20 Jahre erprobt, erforscht und konsolidiert. Dieses Konzept basiert auf dem Wirkfaktorenkonzept, welches der Psychotherapieforscher Klaus Grawe vorgelegt und das Coaching-Experte Siegfried Greif im Jahr 2008 schon fürs Coaching adaptiert hat. Triebel übersetzt die Faktoren sehr eingängig und bringt sie in eine Prozessreihenfolge: Erleben (Prozessuale Aktivierung), Erkennen (Ressourcenaktivierung), Wollen (Intentionsveränderung) und Machen (Intentionsrealisierung/Problembewältigung). Über 500 Kompetenzenbilanz-Coaches hat Triebel in den letzten 20 Jahren in der DACH-Region ausgebildet. Über 30.000 Klienten konnten von der Arbeit profitieren.
Bei einem Karriere-Coaching, das auf dem Konzept der Kompetenzenbilanz basiert, finden nach einem Einführungstermin in der Regel zwei Arbeitstermine im zirka zweiwöchigen Rhythmus statt. Es folgt noch ein Abschlussgespräch. Dazwischen wartet auf die Teilnehmenden jedoch eine Menge Hausarbeit, die in den Arbeitsterminen ausgewertet wird. Die Aufmerksamkeit wird konsequent auf die eigene Biografie gelenkt. Indem ein Lebensprofil angefertigt wird, entsteht ein großes Bild, das mit dem Coach besprochen wird. Der nächste Schritt ist eine Fertigkeitsanalyse. Es werden einige Schlüsselepisoden herausgegriffen und – quasi mit der Lupe – näher beleuchtet. Der Vergleich über Situationen hinweg öffnet dem Klienten die Augen für typische eigene Muster. Diese Fäden werden zusammengeführt und als Kompetenzen beschrieben.
Im nächsten Schritt sollen die Klienten ihre Kompetenzen belegen und argumentieren. Damit suchen sie für ihre Kompetenzen schlagkräftige Beispiele aus ihrer Biografie. Dann werden Ziele definiert und ein Aktionsplan aufgestellt. Die Kompetenzenbilanz endet mit einem schriftlichen Gutachten des Coachs für den Klienten.
Kleiner Wermutstropfen: Leider werden die Erkenntnisse und Methoden des Zürcher Ressourcenmodells (ZRM) überhaupt nicht genutzt. Beide Modelle zusammenzuführen, könnte nicht nur leicht gelingen, sondern auch einen erheblichen Mehrwert generieren.
Fazit: Die Kompetenzenbilanz, die in diesem sehr praktischen und gediegenen Arbeitsbuch dargestellt wird, ist ein Coaching-Ansatz, der hilft, sich fundiert zu orientieren. Wichtige Konzepte werden theoretisch begründet und das praktische Vorgehen wird anschaulich erläutert.
Thomas Webers
coaching@thomas-webers.de