Die Herausgeber Harald Pühl und Klaus Obermeyer legen mit „Übergänge in Beruf und Organisation“ eine Veröffentlichung vor, die den beraterischen Umgang mit Verunsicherung im arbeitsweltlichen Kontext aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet. Einzelne Beiträge loten die Chancen und Risiken der Bewältigung von Ungewissheit im Arbeitsleben eher theoretisch aus, andere dagegen durchaus sehr praxisbezogen-beispielhaft.
Ein theorielastiger, aber höchst lesenswerter Beitrag stammt von Karin Lackner, die sich den vielfältigen Illusionen widmet, denen Berater unterliegen können und faktisch auch sehr oft unterliegen. Sie öffnet die Augen für das notwendig Unprofessionelle im professionellen Handeln.
Praxisnah und mit beispielhaften Verfahrensschritten entfaltet Kornelia Rappe-Giesecke die Möglichkeiten und den Nutzen ihres triadischen Modells in der Karriereberatung, ihre Argumentation insgesamt gut nachvollziehbar. Da im Übrigen der Begriff der Triade in diesem Buch von verschiedenen Autoren als zentrales Merkmal von Beratung unterschiedlich gefasst ist, hätte eine Erläuterung (etwa durch die Herausgeber) nicht geschadet.
Reflexive Teamberatung ist der Gegenstand des Beitrags von Pühl. Er beschreibt sie als einen Prozess, der Lust, Freude und Neugier erzeugen soll. Sein Verdacht, dass er in seiner Darstellung gelegentlich einen „esoterischen“ Eindruck erweckt, stimmt (leider).
Dass wir im Verlauf des Lebens viel vermeintlich Richtiges in uns verfestigen, sodass es zu einer „Wissensverstopfung“ kommt, die uns hindert, adäquat zu agieren, ist eine wunderbare Metapher von Katharina Wendt, die konkrete Arbeitsschritte in der Organisationsentwicklung zur Verfügung stellt. Als Arbeitsbasis dient ihr die Theorie U von Scharmer. Das Vorgehen erläutert sie am zu wenig ausdifferenzierten Beispiel.
Renate Ritter fordert, dass die Beziehungsberufler sich ihrer Verantwortung bewusst werden, die sie in der Bearbeitung fundamentalistischer Überzeugungen haben. Politische Ideologien und religiös motivierte Handlungen werden aus tiefenpsychologischer und gruppendynamischer Sicht beleuchtet; ihr spezielles Augenmerk gilt dem Begriff der Identität. Überzeugend stellt sie dar, dass der durch Angst ausgelöste affektlogische Zustand durch Zahlen, Fakten, Argumente und Aufklärung nicht aufgelöst, sondern eher verstärkt wird.
Fazit: Ein lesenswertes Buch, das für Berater, Coaches, Organisationsentwickler und Mediatoren viel Bedenkenswertes zur Verfügung stellt. Die Vielfalt der Reflexion über und Bearbeitung von Unsicherheiten im Arbeitsleben und Organisationen führt den Lesern vor, dass Übergänge und die damit einhergehende Verunsicherung der Akteure unvermeidlich, aber für die involvierten Berater ein spannendes und spannungsreiches Arbeitsfeld sind.
Dr. Christine Kaul
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