"Leistung" scheint zunächst ein "zwiespältiges Konstrukt" (S. 9) zu sein. Wird sie doch schnell in Zusammenhang gebracht mit Arbeitsdruck, Überlastung und Burnout. Was im Sport etabliert ist, Leistung jeweils in Bezug auf die Disziplin, das Lebensalter und die Umstände von Sportlerinnen zu definieren, weicht im Berufsleben oft der knallharten Frage nach Kosten und Nutzen. Schlimmer noch, das Leistungsdenken der Ökonomie schwappt in den privaten Lebensbereich der Geschlechterbeziehung, der Kindererziehung und der Freizeitgestaltung. - Andererseits beschreibt der Autor "Leistung" durchaus als "nützlich" (S. 20). Es geht um "Leistung verstehen" als "Basis für Performance-Coaching": "Leistungsbereitschaft", das Verhältnis von Leistung und Erholung, "positive Einstellung" zur Leistung, "Leistungsmotivation" und der bekannte "Flow" sind durchaus nützliche Modelle zum Verständnis von Leistung und unseren Möglichkeiten, diese zu beeinflussen.
Als Sportpsychologe ausgebildet betont der Autor, dass es nicht um die "Maximierung" - das Letzte rausholen, sondern um die "Optimierung" von Leistung, als sinnvolle kurz-, mittel- und langfristige Verbesserung von Leistung gehen muss. Nicht die Burnout-Spirale, sondern die langfristige Stabilisierung eines hohen Leistungsniveaus muss das Ziel sein. Dafür überträgt er die mehrdimensionale Herangehensweise im Sport, Taktik-, Strategie- und Muskeltraining, Ausdauer, Regeneration, mentale Stärkung, auf betriebliche Themen wie Qualitäts- und Wissensmanagement, Führung, Team- und Kulturentwicklung.
Gerade diese Verbindung der unterschiedlichen Perspektiven von und die Fokussierung auf "Leistungen, Optimierung, Verhalten und Ergebnisse" (S.56) zeichnet Performance-Coaching aus und unterscheidet es von anderen Herangehensweisen. "Leistung" ist dabei der rote Faden für die Ziele, die Thematik und die Vorgehensweisen im Coaching. Anhand von drei Beispielen wird beschrieben, wie "Leistung" den Coaching-Prozess strukturiert und orientiert. Im fünften und umfangreichsten Kapitel beschreibt der Autor 15 typische Werkzeuge für Performance-Coaching. Das sind analytische Werkzeuge ("Modell-Tools") zur Einschätzung des eigenen Leistungsstandes, Entwicklungswerkzeuge zur Unterstützung der Leistungsverbesserung und Planungs- und Verarbeitungswerkzeuge für die aktuelle Leistungsverbesserung, die auf der individuellen und/oder organisationalen Ebene ansetzen können. Im letzten Kapitel versucht er, eine Einschätzung und einen Ausblick zu geben auf die Wertigkeit eines spezifischen Performance-Coachings im Markt und skizziert ein positives Ergebnis.
Das handwerklich gut gemachte kleine Büchlein (113 Seiten) bezieht nach dem Überblick des Rezensenten die wichtigsten Ergebnisse der Forschung der letzten Jahrzehnte zur Psychologie und Organisation von Leistungsprozessen ein, ohne diese direkt zu referenzieren. Logische Brüche, wie bei der Unterscheidung von unterschiedlichen Werkzeugen werden leicht verziehen zugunsten der pragmatischen Anwendungsorientierung und klaren Abgrenzung von Performance-Coaching als einer eigenständigen Herangehensweise. Nach Meinung des Rezensenten jedoch beschreibt die Fokussierung auf den Leistungsprozess von Klienten nichts anderes als einen wichtigen Kern und Unterschied von Coaching überhaupt im Sport und auch im beruflichen Bereich. Im Performance-Coaching ist Leistung jedoch das explizite Thema und Leistungsverbesserung das explizite Ziel, Coaching wird reduziert auf das Maximum. Inwiefern sich der "Performance Coach" als ein eigenständiges Rollenprofil, Performance-Coaching als "anerkannte Teildisziplin" (S. 98) des Coaching-Marktes ausprägen können, wird sich auch am Unternehmen "Performance Institute" zeigen, dessen Inhaber der Autor Reto Venzl ist.
Dr. Michael Loebbert
Programmleiter Coaching Studies FHNW – Fachhochschule Nordwestschweiz
www.coaching-studies.ch